Berlin, 13. November 2020 – Die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) veröffentlichte am 12.11.2020 eine Bewertung darüber, ob die aktuell geltenden europäischen Leitlinien für die Risikobewertung von gentechnisch veränderten Insekten ausreichen, um sie auch für die Risikobewertung gentechnisch veränderte Gene Drive Insekten anwenden zu können.
Mareike Imken, Referentin für Gene Drives bei Save Our Seeds:
EFSAs Einschätzung, dass die bestehenden Richtlinien für gentechnisch veränderte Insekten nicht ausreichen, um eine Umweltverträglichkeitsprüfung für Gene Drive Organismen durchzuführen, bestätigt unsere Analyse: Aufgrund ihrer neuartigen Eigenschaften wird es äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich, sein, das Verhalten dieser gentechnisch veränderten Organismen zu modellieren, vorherzusagen und zu überwachen.
Weiter führt sie aus:
„Die EFSA verpasst es allerdings in ihrem Bericht eine zentrale Herausforderung für die Risikobewertung und Überwachung von gentechnisch veränderten Gen Drive Organismen, sogenannten Folgegenerationen-Effekte (next-generation-efffects), zu nennen. Grund dafür sind womöglich die von ihnen gewählten Vergleichsorganismen. Diese weisen das bei Gene Drives zentrale neue Merkmal der unkontrollierbaren, generationenübergreifenden Auskreuzung gentechnisch veränderten Gene nicht auf.
Folgegenerationen-Effekte wären unbeabsichtigte Veränderungen der biologischen Merkmale der Nachkommen von Gene Drive Organismen, die wahrscheinlich durch den sich wiederholenden und unkontrollierbaren Prozess der selbstständig fortgeführten gentechnischen Veränderung ausgelöst wird, den Gene Drives in der Natur in Gang setzen. Wenn der sich wiederholende Prozess der gentechnischen Veränderung räumlich und zeitlichen nicht kontrolliert werden kann – wie dies bei gentechnisch veränderten Gene Drive Organismen der Fall ist – können seine Auswirkungen durch Risikoabschätzung nicht vorhergesagt werden.
Die wahrscheinliche Unmöglichkeit, die Auswirkungen auf folgende Generation zu modellieren und vorherzusagen – wie bereits bei der Nachkommenschaft gentechnisch veränderter Pflanzen beobachtet – erfordert die Einführung von Abbruchkriterien für die Risikoabschätzung. Sie würden dann gelten, wenn aufgrund von Unsicherheit und Wissensgrenzen keine Vorhersagen gemacht werden können. In diesem Fall müsste die Risikoabschätzung unterbrochen werden und eine Genehmigung könnte nicht erteilt werden.
Abgesehen davon sollten wir nicht vergessen, dass die Entscheidungsfindung über diese Technologie von mehr als nur der Risikobewertung abhängen sollte: Es besteht ein dringender Bedarf nach Prozessen für eine partizipative, inklusive und demokratische gesellschaftliche Entscheidungsfindung über die Erwünschtheit, die Kosten und den Nutzen dieser Technologie im Vergleich zu alternativen Lösungen sowie ihre Vereinbarkeit mit gesellschaftlichen Werten und ethischen Normen, die einer politische Entscheidungsfindung über die Gene Drive Technologie zugrunde liegen sollten.“
Kontakt: Mareike Imken, Koordinatorin der Europäischen Stop Gene Drive Kampagne, Save Our Seeds, , +49 151-53112969