Brüssel, am 9. Januar 2025 – Am 7. Januar 2025 verteilte die polnische EU-Ratspräsidentschaft einen neuen Kompromissvorschlag zur Deregulierung von gentechnisch veränderten Pflanzen, die durch Genome-Editing-Verfahren wie CRISPR-Cas hergestellt wurden. Ziel ist es, nach der Abstimmung im Europaparlament im Februar 2024 endlich auch eine Mehrheit im Ministerrat zu erreichen. Der Kompromissvorschlag baut auf einem früheren Vorschlag auf, der im Februar 2024 vom belgischen EU-Vorsitz vorgelegt wurde.
Der polnische Vorsitz konzentriert sich nur auf die umstrittene Frage der Pflanzenpatente [1]. Andere wichtige Punkte, wie die Notwendigkeit der Verbraucherkennzeichnung, der Rückverfolgbarkeit und der Risikobewertung, werden nicht berührt [2].
Der Vorschlag sieht zusätzliche Bedingungen für die Markteinführung vor, wenn ein als „Neue Genomische Techniken Kategorie 1“ (NGT1) eingestuftes Saatgut patentiert ist:
- Kennzeichnung: Patentiertes NGT1-Saatgut, muss entweder als „patentgeschützt“ oder „zum Patent angemeldet“ gekennzeichnet werden.
- Opt-out: EU-Mitgliedstaaten können den Anbau von patentierten NGT1-Pflanzen in ihrem gesamten Hoheitsgebiet oder in Teilen davon einschränken oder verbieten.
Franziska Achterberg, Leiterin Politik und Interessenvertretung bei Save Our Seeds, kommentiert:
Der polnische Vorschlag trägt wenig dazu bei, die erheblichen Regulierungslücken zu schließen, die durch diesen Gesetzesentwurf entstehen. Sollte dieser Kompromiss verabschiedet werden, würde es für Landwirte und Lebensmittelproduzenten – auch im Bio-Sektor – schwierig werden, die von den Verbrauchern gewünschten gentechnikfreien Lebensmittel herzustellen. Die Umwelt und unsere Gesundheit wären weiterhin den potenziellen Risiken durch diese gentechnisch veränderten Pflanzen ausgesetzt.
Bis vor kurzem gehörte Polen zu einer Sperrminorität, die sich gegen die Deregulierung der neuesten Generation gentechnisch veränderter Pflanzen aussprach. Die Regierung Tusk hatte darauf bestanden, dass alle gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermittel gekennzeichnet werden müssen.
Achterberg weiter:
Die polnische Regierung scheint vergessen zu haben, wie wichtig es ist, das Vertrauen der Verbraucher zu wahren und die gentechnikfreie Landwirtschaft in der EU zu schützen. Wir fordern den neuen EU-Vorsitz auf, Mindeststandards für Sicherheit, Transparenz und Fairness für Landwirte aufrechtzuerhalten.
Nach geltendem Gentechnikrecht müssen Inverkehrbringer von GVO, einschließlich NGT-Pflanzen, detaillierte Informationen, Sicherheitsstudien, Referenzmaterialien und ein Nachweisverfahren vorlegen, damit ihre Produkte in der EU zugelassen werden. Die Zulassung ist abhängig von einer Risikobewertung, und GVO müssen in der gesamten Lebensmittelkette rückverfolgbar sein, wobei die Endprodukte als GVO-haltig gekennzeichnet werden müssen. Nach der Zulassung können einzelne Länder oder Regionen den GVO-Anbau auf ihrem Gebiet verbieten.
Nach den vorgeschlagenen Regeln, einschließlich der Änderungen Polens, wären jedoch keine Sicherheitskontrollen und Nachweisverfahren mehr erforderlich, und die Endprodukte müssten nicht mehr als GVO gekennzeichnet werden. EU-Länder oder -Regionen könnten den Anbau weiterhin verbieten, es sei denn, diese gentechnisch veränderten Saaten gelten als gleichwertig mit konventionell gezüchteten Saaten und sind nicht patentiert.
Ende 2023 erklärte die neu gewählte polnische Regierung: „Die Kennzeichnung von Produkten ist unerlässlich, um die Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten, das Vertrauen der Verbraucher durch ausreichende Informationen zu erhalten und ihnen die Wahlfreiheit zu lassen.“ Die Regierung fügte hinzu: „Der Ausschluss von NGT-Pflanzen der Kategorie 1 aus dem ökologischen Landbau kann nur gewährleistet werden, wenn nicht nur Saatgut und Vermehrungsmaterial, sondern auch Lebens- und Futtermittel gekennzeichnet werden.“
Kontakt: Franziska Achterberg, Leiterin Politik, +32 498 362403,
Save Our Seeds ist eine Kampagne der Zukunftsstiftung Landwirtschaft. Seit 2002 setzt sie sich erfolgreich dafür ein, die Verunreinigung von Saatgut mit Gentechnik zu vermeiden und eine vorsorgliche Gentechnik-Gesetzgebung auf nationaler und EU-Ebene aufrechtzuerhalten. Wir betreiben aktuell die Kampagne Stop Gene Drives.
Notes to Editors:
[1] Beim Ministerrat am 10. Dezember 2024 brachten Österreich, Bulgarien, Zypern, Kroatien, Frankreich, Griechenland, Malta und Rumänien die Patentfrage zur Sprache.
[2] Beispielsweise haben Österreich, Ungarn, Slowenien, die Slowakei und Rumänien ausdrücklich eine Kennzeichnung von NGT-Pflanzen für Verbraucher gefordert, während Dänemark, Schweden und andere dagegen sind. Siehe Ratsdokument 12514/24 ADD 1 and Ratsdokument 12514/24 ADD 2.
Photo © European Union – Czesław SIEKIERSKI (Minister for Agriculture and Rural Development, Poland) and István NAGY (Minister for Agriculture, Hungary) in December 2024