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08.10.2018 | permalink
Die wahren Kosten von Gentechnik-Soja
Der Anbau von gentechnisch veränderten Sojabohnen in Südamerika ist mit einem „erschreckenden Ausmaß von Umweltschäden und schwerwiegenden Auswirkungen auf die Gesundheit der ländlichen Bevölkerung verbunden.“ Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht, den die Organisationen Testbiotech und Germanwatch erarbeitet und vorgelegt haben.
In Brasilien, Argentinien und Paraguay werden auf insgesamt 15,5 Millionen Hektar Fläche Sojabohnen angebaut. Zwei Drittel davon, rund 29 Millionen Tonnen, gehen als Futtermittel in die EU. Die meisten dieser Sojabohnen sind gentechnisch verändert und resistent gegen das Herbizid Glyphosat. Da die Unkräuter inzwischen zunehmend unempfindlich gegen den Wirkstoff werden, werden deutlich mehr Pflanzengifte verspritzt als vor 20 Jahren, heißt es in dem Bericht. Zudem kämen immer giftigere Pestizide wie das in der EU verbotene Paraquat zum Einsatz.
Diese Pestizide werden meist vom Flugzeug aus auf die riesigen Sojafelder gespritzt und vergiften dadurch auch die in den Nähe lebende Bevölkerung. Der Bericht stützt sich dabei auf die Beobachtungen von Ärzten, die in diesen Regionen seit langem praktizieren. Sie registrieren schon seit Jahren eine Anhäufung ungewöhnlicher Krankheitsfälle. „Vermehrt treten insbesondere auf: Symptome von Mangelernährung sowie geschwächter Immunabwehr, angeborene Fehlbildungen, DNA-Schädigungen, Fehlgeburten, psychische und neurologische Erkrankungen, Krebs, Hauterkrankungen, Allergien, Asthma und andere Atemwegserkrankungen, Störungen des Hormonhaushalts, kindliche Entwicklungsstörungen, multiple Sklerose und eine allgemein erhöhte Mortalitätsrate“, listet der Bericht auf. Er erwähnt auch Studien, die zeigen, dass Glyphosat nervengiftig bei Ratten wirkt und Missbildungen bei Amphibien hervorruft.
Über die Umweltschäden des Anbaus schreiben die Autoren: „Nach den für diese Studie ausgewerteten Publikationen geht der Sojaanbau in Argentinien und Brasilien mit massiven Verlusten und Schäden an den Ökosystemen (Urwäldern, Grasland und Feuchtgebieten) einher.“ Sie thematisieren sowohl direkte Umwandlung intakter Ökosysteme in Sojafelder als auch „die durch den Sojaanbau ausgelöste Verdrängung der Viehhalter, die zum Teil ebenfalls in die Urwaldgebiete ausweichen.“ Die Ausbreitung des Sojaanbaus schädige jedoch nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch Wasserhaushalt und Klima. „Die im Ackerbau genutzten Pflanzen sind weniger als Bäume in der Lage, Regen mit den Wurzeln aufzunehmen und über Verdunstungsmechanismen wieder zur Wolkenbildung beizutragen“, erklären die Autoren. Weniger Wolken, weniger Regen. Gleichzeitig würden die Ackerböden schneller austrocknen als Wald oder Savanne und ihre Fruchtbarkeit leide unter dem dauernden Anbau der Sojabohnen und dem Einsatz von Glyphosat.
Trotz der zahlreich vorliegenden Publikationen fehlt es nach Ansicht von Testbiotech und Germanwatch an Konsequenzen: „Es wurden bisher keine umfassenden Versuche unternommen, das Sojaanbausystem in Richtung der Nachhaltigkeitsziele zu gestalten. Es gibt auch keine umfassenden Erhebungen der tatsächlichen Schäden an Mensch und Umwelt“, schreiben die Autoren. Mangelware seien auch Rückstandsmessungen an den importierten Sojabohnen. „Es gibt offensichtlich ganz extreme Belastungen für die Umwelt in den Anbaugebieten und gleichzeitig keine ausreichenden Daten, um die gesundheitlichen Risiken der Verfütterung der Gentechnik-Soja zu bewerten. Diese Produktionsprozesse sind völlig aus dem Ruder gelaufen", lautet das Fazit von Christoph Then von Testbiotech. [lf]