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07.12.2018 |

Thünen-Bericht: Böden in Deutschland droht Humusverlust

Boden
Humusreicher Boden (Foto: NRCS, CC BY 2.0, bit.ly/4_CC_BY_2-0, flickr: bit.ly/NRCS_HS2)

Humus fördert die Bodenfruchtbarkeit und die Erträge, verbessert die Wasserspeicherung und mindert die Erosionsanfälligkeit von Böden. Humus in Böden ist weltweit der größte terrestrische Speicher für organischen Kohlenstoff. Doch die erste „Bodenzustandserhebung Landwirtschaft“ zeigt, dass in Deutschland in den nächsten 10 Jahren im Schnitt 0,21 Tonnen organischer Kohlenstoff pro Hektar Ackerland und Jahr im Oberboden verloren gehen könnten, wenn sich an der Bewirtschaftung nichts ändert. Für den vom Thünen-Institut am Mittwoch veröffentlichten Bericht nahmen Wissenschaftler zwischen 2012 und 2018 in ganz Deutschland mehr als 120.000 Bodenproben und analysierten diese. Über die Karte des Landes wurden Raster mit einer Ausdehnung von acht Kilometern gezogen. An 3104 Beprobungspunkten wurden die Sauerstoffversorgung, Humusbildung und organische Kohlenstoffvorräte gemessen. Die Ergebnisse zeigen, dass im obersten Meter landwirtschaftlich genutzter Böden hierzulande insgesamt rund 2,5 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert sind. Das ist mehr als doppelt so viel, wie derzeit in allen Bäumen (inklusive Totholz) in deutschen Wäldern bevorratet ist. Die Wald- und Agrarökosysteme speichern zusammen so viel organischen Kohlenstoff, wie Deutschland beim derzeitigen Emissionsniveau in 23 Jahren als CO2 emittiert.

Doch die Humusvorräte drohen zu schwinden, wie die Thünen-Wissenschaftler anhand von fünf Bodenkohlenstoffmodellen ermittelten, in die sie ihre Messergebnisse eingaben. „Für einen Zehnjahreszeitraum und bei langfristig gleich bleibenden Bewirtschaftungs- und Klimabedingungen“ prognostizieren sie einen Verlust an organischem Kohlenstoff in Höhe von -0,21 Tonnen organischem Kohlenstoff pro Hektar und Jahr. Die mittleren modellierten Verluste von organischem Kohlenstoff aus Oberböden unter Ackernutzung fallen in den neuen Bundesländern mit -0,27 Tonnen je Hektar und Jahr deutlich höher aus als in der Region Nord mit einem Wert von -0,22 bzw. Süd mit nur -0,09. Böden, die einen geringen Eintrag an organischem Kohlenstoff durch Pflanzenreste und organische Dünger erhalten, wiesen im Modell ein erhöhtes Risiko für eine Abnahme der Vorräte auf, heißt es weiter. „Humus wird ja gebildet aus Biomasse, die in den Boden reinkommt: Stroh, Wurzelreste, Erntereste, Kompost, organischer Dünger wie Gülle oder Stallmist“, erklärt Axel Don, Leiter der Abteilung für Agrarklimaschutz des Thünen-Instituts, der taz. „Davon bleibt einfach weniger auf dem Acker, wenn man zum Beispiel Stroh abfährt und energetisch nutzt.“ Zudem würden Landwirte schon in ihren Fruchtfolgen weniger Kleegras und Luzerne anbauen, deren Wurzeln tief in den Boden eindringen und nach der Ernte zu Humus werden können. „Luzerne gibt es quasi nur noch bei Ökobauern. Und Luzerne ist einfach eine Kulturart, die unheimlich wichtig ist für den Humusaufbau.“

Der Bericht nennt Maßnahmen, mit denen es gelingen kann, die vorhandenen Humusvorräte nachhaltig zu sichern und den Humusaufbau zu fördern. Eine davon ist der Erhalt von Dauergrünland, denn dieses speichert mit durchschnittlich 200 Tonnen pro Hektar doppelt so viel Kohlenstoff wie Böden unter Ackernutzung mit 101 Tonnen je Hektar. „Auch die gezielte Umwandlung von Acker in Dauergrünland, beispielsweise als Maßnahme für den Gewässer- und Erosionsschutz, kann durch Humusaufbau einen zusätzlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten“, schreiben die Autoren. Zudem könne der Humusaufbau auf dem Acker über den Eintrag von Pflanzenresten gefördert werden. Die wichtigsten Maßnahmen seien „der Anbau von Zwischenfrüchten und Untersaaten (Gründüngung) für eine möglichst ganzjährige Begrünung des Bodens, der Anbau mehrjähriger Kulturen wie z. B. Kleegras sowie der Verbleib von Ernteresten auf dem Acker.“ Den Autoren zufolge können durch langjährigen Zwischenfruchtanbau die Vorräte an organischem Kohlenstoff in Ackerböden in 20 Jahren im Mittel um 8 Tonnen organischen Kohlenstoff im Oberboden gesteigert werden.

Auch die organische Düngung mit z. B. Mist, Gülle oder Gärresten beeinflusse die Menge an organischem Kohlenstoff, die zum Humusaufbau zur Verfügung stehe. Organische Düngung, insbesondere von Stallmist und Kompost, kann wesentlich zum Aufbau von Humus beitragen mit langfristig 2 bis 22 Tonnen je Hektar mehr Kohlenstoff im Vergleich zu Ackerböden ohne organische Düngung. Auf der anderen Seite brächten Überschüsse an organischen Düngern, vor allem in Gegenden mit intensiver Nutztierhaltung, die Nährstoffbilanzen in einigen Regionen aus dem Gleichgewicht – mit erheblichen negativen Umweltfolgen. Vorteile bringe auch die Anlage von Agroforstsystemen, Feldgehölzen oder Aufforstungen in waldarmen Regionen, denn Agroforstsysteme speichern rund 18% mehr organischen Kohlenstoff im Boden als Äcker mit einjährigen Pflanzen.

Der Bericht betont die Vorzüge des Ökolandbaus für den Humusaufbau. „Im ökologischen Landbau wird ausschließlich organischer Dünger und kein mineralischer Dünger eingesetzt. Außerdem werden mehr Kleegras oder Luzernegras als stickstofffixierende und humusmehrende Kulturen angebaut“, heißt es im Bericht. Zusammen ergebe sich dadurch im globalen Durchschnitt eine Erhöhung der Bodenkohlenstoffvorräte um etwa 3 bis 4 Tonnen je Hektar im Vergleich zu konventionell bewirtschafteten Böden. Dagegen hätten konservierende Bodenbearbeitung oder Direktsaatverfahren, die in den USA und Südamerika weit verbreitet sind, „keinen signifikanten Einfluss auf die Humusvorräte im Bodenprofil“. Sie führten zu einer Humusanreicherung in den obersten Zentimetern des Bodens, aber zu einem Humusverlust in den darunter liegenden Bodentiefen. (ab)